Die Wikingerzeit begann in Ribe
Wütende, plündernde Wikinger mit Hörnern an ihren Helmen – dieses Bild der Geschichte der Wikinger, hat den größten Eindruck hinterlassen. Fakt ist aber, dass nur ein geringer Teil der Wikinger Krieger waren. Die meisten waren ganz gewöhnliche Bauern. Unter denen, die auf Feldzug gingen, waren es nur die reichsten Wikingerschiffe, die Brustpanzer und Helme mitführten – jedoch hatten die Helme KEINE Hörner.
Trotzdem hat man gesagt, dass mit dem Überfall auf das Kloster der Insel Lindesfarne in England 793 n. Chr. und der Plünderung desselben das Zeitalter der Wikinger begann.
Neuere Forschungsergebnisse deuten jedoch eher darauf, dass die Wikingerzeit in Ribe begann.
Ribe – Die erste Wikinger – und Dänemarks älteste Stadt
Mit Beginn des achten Jahrhunderts wurde an der Ribe-Au (Ribe Å) ein Marktplatz errichtet. Dieser Marktplatz war der Anfang von Ribe – Dänemarks und Skandinaviens erste Stadt und bald das größte Handelszentrum der nordischen Region. Diese Stadt wurde somit fast 100 Jahre vor der Wikingerzeit (ca. 800-1100) und Lindesfarne (793 n. Chr.) angelegt. In den ältesten Erdschichten von Ribes Markt wurden Renntiergeweihe gefunden, die Anfang des Jahres 700 nach Ribe gesegelt wurden und in der Werkstatt des „Kammmachers“ verarbeitet wurden. Da die Wikingerzeit mit großen Seereisen verbunden wird, haben die Handelsreisen zwischen Norwegen und Dänemark wahrscheinlich dazu beigetragen, den Wikinger Kenntnisse und Erfahrungen über Seefahrten zu erlangen, die später auf ihren Raubzügen eingesetzt wurden.
Wikingerzeit in Ribe: Museen und Erlebniszentren
Die Wikingerzeit in Dänemark sollte man in Ribe erleben, denn Ribe ist Dänemarks und Skandinaviens älteste Stadt, älter als Haithabu in Schleswig. An keinen anderen Orten oder Stellen in Dänemark ist so viel über die Wikingerzeit gefunden worden wie in Ribe.
Hier in Ribe sind sowohl authentische wie auch rekonstruierte Funde aus der Wikingerzeit zu bewundern.
An folgenden Stellen kannst du Wikinger und die Wikingerzeit selbst erleben:
- Museet Ribes Vikinger (Ribe Wikinger Museum)
- Ribe VikingeCenter (Ribe Wikingerzentrum)
- Ribe Vikingemarked (Ribe Wikingermarkt). Ribe Wikingermarkt ist unter den Top-Veranstaltungen in Dänemark
Näheres über diese Museen bzw. Center kannst du unter „Museen und Erlebniszentren“ nachlesen.
Gruppen können eine Führung über die Ära der Wikinger in Ribe buchen. Die Führung findet in der Stadt selbst als auch in der Ausstellung des Museums mit ihren authentischen Funden statt.
Ribes Wikingerzeit. Fußgängertour
Diese Tour führt dich zu allen wichtigen Stellen Ribes aus der Zeit der Wikinger und erzählt über das damalige Leben. Aber: Es gibt keine Gebäude oder sonstigen sichtbaren Spuren mehr aus der Wikingerzeit! Hingegen auf dem historischen Fußmarsch durch Ribes Mittelalter- und Renaissancezeit unter „Historischer-Stadtrundgang“ gibt es noch eine Menge zu sehen.
1 und 2 Sct. Nikolai Gade – Dänemarks älteste Fußgängerzone
Von Danhostel Ribe (1) gehst du rauf zur Sct. Peters Gade und biegst nach rechts. Anstelle über die Au und in die Fußgängerzone zu gehen, biegst du vorher links ab in die Sct. Nicolai Gade (2). Auf dieser Seite der Au bewegst du dich auf den Spuren von Ribes Wikingerzeit, die fast ausschließlich auf der nördlichen Seite der Ribe-Au vorzufinden sind. (Mit Ausnahme von 11 und 12, siehe Plan)
Sct. Nikolai Gade liegt gegenüber von Ribes erster Fußgängerzone. Entlang dieser Straße gingen die Einwohner Ribes sowie Angereiste vor 1300 Jahren um sich die Waren, welche feilgeboten wurden, anzuschauen, die sie für den täglichen Bedarf benötigten oder um Zeug, aber auch Luxuswaren wie Schmuck oder gute Messer zu kaufen.
Der Verlauf der Straße entspricht noch heute weitestgehend dem aus der damaligen Zeit. Reste des Straßenbelags aus der Zeit liegen noch heute einige Meter unter der jetzigen Straße. Auf beiden Seiten der Straße lag der Marktplatz (in etwa die schraffierte Zone auf der Karte), wo Weidenflechtzäune und kleine Gräben genutzt wurden, um die einzelnen Werkstätten und Handelsbuden voneinander abzugrenzen. Die Grundstücke waren ca. 7m breit und lagen im rechten Winkel zur Au. Die Gräben wurden außerdem als Regenwasserabläufe, aber auch zur Abfallentsorgung genutzt.
Bemerke, dass die Straße erhöht liegt. Der Grund hierfür liegt in 2-3m Abfall, der von den Werkstätten, den Häusern und Feuerstellen herrührte und die ersten 150 Jahre in der Geschichte der Stadt hier abgelagert wurde (ca. 705-850). Du musst wissen, wenn man auf den Markt ging, empfing dich ein Wirrwarr aus Gerüchen, Geräuschen und allerlei anderen Sinneseindrücken. Man traf Menschen mit anderer Hautfarbe und Kleidermode und bewunderte Handelswaren, die man nie zuvor gesehen hat. Eine Vielzahl an Sprachen ließ sich vernehmen sowie das Schreien etlicher Handelsleute. Die unterschiedlichsten Gerüche fielen einem in die Nase wie frisch gebackenes Brot, Suppe, gebratenes Fleisch und spannende, fremde Kräutern, aber eben auch der durchdringende Geruch von Schlachtabfall, Vieh und deren Exkremente sowie der Rauch der Esse. Geräusche von knarrenden Wagenrädern und dem Schmiedehammer mischten sich unter den Lauten der Instrumente der Spielleute, dem Surren der Fliegen und den Kinderspielen.
3. Sct. Nicolai Gade bei Ribes Kunstmuseum. Ribes „Taufurkunde“ und Behausungen
Setze deinen Weg die Straße hinauf fort und halte am kleinen Platz gegenüber des Ribe Kunstmuseums (3). Hier hat man u.a. 1,5m Kuhmist aus dem 8. Jahrhundert gefunden, aber der wichtigste Fund waren die Reste eines Brunnens. An den Jahresringen des Holzes vom Brunnen konnte festgestellt werden, dass er aus dem ersten Jahrzehnt des 8. Jahrhunderts stammte und somit Ribes „Taufurkunde“ darstellt.
Auch wurden hier (hinter dem Marktplatz) einzelne Reste von Wikingerhäusern gefunden. Es waren kleine, gut gebaute Häuser, die evtl. Handwerkern gehörten, aber auch vergrabene Werkstätten, die sogenannten „Grubenhäuser“. Die Häuser hatten kaum Platz für Haustiere. Die Archäologen sind der Ansicht, dass diese Häuser bereits bei der Etablierung des Marktplatzes bewohnt waren.
Zwischen 3 und 4. Im Museumsgarten. Wikingermarktplatz und Hafen
Geh nun über die Straße. Zwischen dem Kunstmuseum und der Post befindet sich ein Fußweg. Gehe den Weg hinunter und durch die Pforte von Per Kirkebys Mauer in den Museumsgarten. Setze deinen Weg bis zur Au fort. Irgendwo hier muss der Hafen für den Marktplatz gelegen haben, aber er ist bis heute noch nicht gefunden worden.
Ribe war eine gut ausgewählte Stelle, um Dänemarks erste Stadt zu etablieren, denn man muss sich vorstellen, dass die Au damals erheblich mehr Wasser führte und auch breiter war als heute. Von hier aus konnten die Schiffe durchs Wattenmeer nach England, Friesland (die Wattenmeerküste südlich von Jütland), dem Frankenreich und noch weiter fahren. Über die Au und ihren vielen Zuflüssen war es ihnen auch möglich, weit ins Landesinnere des südlichen Jütlands zu fahren.
Ein Großteil des Verkehrs verlief in der Wikingerzeit auf dem Wasser, weil Jütland zu der Zeit ziemlich unpassierbar war. Da man noch keine Schiffe besaß, die geeignet wären nördlich um Skagen zu fahren, wurde Ribe ein Knotenpunkt für den Warenhandel Richtung Westen aber auch Richtung Osten nach Dänemark und Skandinavien. Alternativ konnten die Waren über den Landweg auf der schon damals vorhandenen Route, die von Kolding nach Hadersleben (Haderslev) führte, transportiert werden. Auch für den Nord-Süd-Verkehr lag Ribe günstig, denn bereits in der Antike wurde ein Handelsweg entlang der Westküste Jütlands geschaffen, dem späteren „Drivvej“. Dieser Weg musste zahlreiche Auen passieren und schlängelte sich daher durch die Landschaft, um die besten Übergänge zu ermöglichen.
Beim Marktplatz in Ribe war solch ein guter Übergang, wo der Weg mit der östlichen Route von Kolding und Hadersleben zusammentraf.
Unter dem Kunstmuseum und dessen Garten sind zahlreiche Funde vom Marktplatz der Wikinger gemacht worden. Ausländische Kaufleute kamen mit ihren Schiffen nach Ribe, um Glas, Schmuckstücke, Wein, Mahlsteine, Keramik und vieles mehr zu verkaufen.
Die Dänen verkauften Bernstein. Davon muss es reichlich gegeben haben, denn in den Abfalllagern des Marktplatzes fand man mehr als 6 kg große und kleine Stücke Bernstein. Bernsteinschleifer produzierten insbesondere Spielfiguren und Perlen. Letztere zerbrachen aber oft, wenn ein Loch in sie hineingebohrt wurde. Große Mengen an Dünger und Knochenreste deuten darauf hin, dass sowohl fertiges Essen als auch lebende Schafe und Rinder verkauft wurden. Dass die Dänen auch andere Produkte verkauft haben, ist wohl zu vermuten, aber Spuren darüber konnten nicht gefunden werden. Dennoch geht man davon aus, dass u.a. auch Holz und Pelze veräußert wurden.
Es ist ebenso vorstellbar, dass man mit Sklaven gehandelt hat. Einer der Gründe für Ribes Blüte zu der Zeit lag sicher auch daran, dass die fränkische Zwangschristianisierung im 8. Jhd. sich erst auf das Gebiet um den Rhein vollzog. Da es Christen nicht erlaubt war, christliche Sklaven zu halten, ist es durchaus denkbar, dass man nach Norden gen Ribe zog, um sich dort mit heidnischen zu versorgen.
Die Handwerker wurden selbstverständlich auch von dem Markt angezogen, hatten sie doch hier die Möglichkeit ihre Waren anzubieten und in stillen Stunden neue herzustellen. Es sind Spuren von verschiedenen Handwerken wie Schmied, Bronzegießer, Schuhmacher, Bernsteinschleifer, Kammmacher und Perlenmacher gefunden worden. Die gefundenen Abfallreste stammen von Kleidung, Leder, Glas, Bernstein, Bronzegießung, Knochen und Hörner.
Die Waren wurden getauscht oder für kleine Silbermünzen gekauft. Der Marktplatz war nicht viele Jahre in Betrieb, denn mit der Zeit wurde nicht mehr mit ausländischen, sondern mit dänischen Münzen gehandelt. Es wurden zahlreiche Münzen beim Marktplatz gefunden, insbesondere kleine ca. 1 cm große Silbermünzen (Sceattas), von denen man ausgeht, dass sie in Ribe geprägt wurden. Sie hießen „Wodanmonster“ Münzen, obwohl weder ein Monster noch Odin auf eine der beiden Seiten zu sehen war. Dahingegen ist eine Maske mit Bart und strubbeligem Haar auf der einen und ein Tier auf der anderen Seite abgebildet.
Vielleicht war es ein mächtiger Mann oder eine zentrale Königsmacht, die den Marktplatz anlegen ließ. Wir wissen, dass der älteste Teil des Dannewerkes (Dannevirke) von 737 stammt, was dafür spricht, dass es zu dem Zeitpunkt eine zentrale Königsmacht gegeben haben muss. Es kann aber auch sein, dass es friesische Kaufleute waren, die den Grundstein für die Stadt legten, denn die Friesen herrschten über die Wattenmeerküste südlich von Jütland und hatten dort bereits eine Menge Handelsstätten etabliert. Das Wahrscheinlichste ist vielleicht, ein Zusammenspiel beider Faktoren war. Die Friesen legten den Platz mit Erlaubnis des Königs oder eines Großherren an, der wiederum garantierte „Marktfrieden“, sorgte für die Organisation und dass der Platz zur Saison hergerichtet wurde. Die Friesen zahlten dann Abgaben in Form von Marktgeld und Platzgebühren. Gehe zurück zur Sct. Nicolaj Gade.
4. Post. Glasschaukasten am Giebel
Kurz bevor du wieder zur Sct. Nikolaj Gade kommst, hast du auf der rechten Seite die Post. Gehe zum Schaukasten am Giebel. Unten im Schaukasten siehst du eine Rekonstruktion einer Perlenmacherwerkstatt aus der Wikingerzeit.
Während der Ausgrabungen unter der Post wurden u. a. Reste einer Perlenmacherwerkstatt gefunden.
In dem Schaukasten ist auch ein authentischer Abriss durch die Schichten über die einzelnen Jahre des Wikingermarktes in Ribe dargestellt. Am Grund – ca. 3m unter der heutigen Wegoberfläche – siehst du den Boden des Feldes, als der Marktplatz (ca. 705 n.Chr.) entstand. In den ersten Jahren wurde der Marktplatz in den Winterjahren nicht genutzt und nach jeder Saison wurde er bereits für die nächste wieder hergerichtet. Sehr häufig wurde dabei eine Fuhre Sand aufgetragen. Erst um 800 n.Chr. kamen die ersten Häuser am Marktplatz dazu, sodass er nun ganzjährig genutzt wurde. Hunderte dünne Erdschichten liegen dort wie eine Schichttorte und beinhalten Reste von Abfällen, Feuerstellen, Werkstattböden und Häuserreste. Die weißen Gebiete sind Reste von Feuerstellen und sind gefüllt mit Asche.
Wenn Archäologen die Gebiete untersuchen, halten sie die einzelnen Erdschichten voneinander getrennt, sodass sie die einzelnen Jahresentwicklungen sehen können. Auf diese Weise haben sie herausgefunden, dass nicht immer dieselben Handwerke sich Jahr für Jahr auf dem Grundstück befanden. Das lässt den Schluss zu, dass die Handwerker die Grundstücke nicht besaßen, sondern jeweils für die Saison mieteten. Die Archäologen konnten ebenfalls herausfinden, dass sich die Mode innerhalb der 150 Jahre veränderte. Hierfür sind die Perlen ein gutes Beispiel. Während die Perlen der ersten Jahre noch recht farblos waren, wurden sie im Verlauf immer farbprächtiger. Dies lag vor allem an den Importen von Rohglas (insbesondere blau) sowie Mosaiksteinen (in vielen Farben) aus Norditalien (siehe Bilder), die im Laufe der Jahre dazu kamen.
5. Ribes Vikinger – Museum über die Wikingerzeit und des Mittelalters (Ribe Wikinger Museum)
Setze deinen Weg entlang der Sct. Nikolaj Gade fort und gehe zum Odins Plads mit der John Olsen Skulptur „Tidens tand“ (der Zahn der Zeit). Am Odins Platz liegt das Museum „Ribes Vikinger“, das eine Odinfigur als Logo hat, wegen einer 4 cm großen Bleimaske, die in Ribe gefunden wurde (siehe Bild rechts). Diese Maske stellte den Gott Odin mit seinen beiden Raben Hugin und Munin auf den Schultern dar. Die Bleimaske war eine Art „Grundform“ zur Herstellung neuer Formen. Die Grundform wurde in weichen Lehm gepresst und auf diese Weise konnte man viele neue Formen machen, die die Metallschmieder benötigten, um Schmuck, Schlüssel, Spangen u. v. m. herzustellen, indem sie flüssiges Metall in die Formen gossen. Die Lehmformen konnten nur einmal genutzt werden, da sie, um den fertigen Guss heraus zu bekommen, zerschlagen wurden. Die Odinfigur wurde als Bronzeschmuck hergestellt. (Die Werkstatt der Metallgießer kannst du in der Erlebnishalle des Museums besichtigen, ebenso wie ausgestellte Formen sowie fertige Gegenstände.)
Noch 1993, als das Museum gebaut wurde, gab es zahlreiche Funde aus der Wikingerzeit zu verzeichnen. Man fand auch die Überreste einer zerstörten Burganlage. Um die ca 6000 m² große Burganlage gab es einen Wallgraben, der mit Kleietorf gesichert war. Die Archäologen rechnen damit, dass die Anlage im 12. Jhd. zur Sicherung einer Brücke über die Ribe-Au angelegt wurde, jedoch wurde sie bereits im 13. Jhd. überflüssig, da man einen Damm über die Au baute, der zu dem Zeitpunkt dort lag, wo heute Ribes Fußgängerzone ist. (Overdammen, Mellemdammen, Nederdammen – lies mehr darüber unter „Historischer Stadtrundgang“)
Diese Burg könnte der Sitz des Königs in Ribe gewesen sein, bevor das Schloss Riberhus gebaut wurde. Eine andere Theorie der Archäologen ist, dass Ribes erstes Schloss dort lag, wo heute Sct. Catharinae liegt. Vielleicht war aber Ribe eine so wichtige Stadt, dass an beiden Stellen eine Burg lag.
Im Museum kannst du authentische Funde aus Ribes Wikingerzeit, eine Erlebnishalle mit einem Markt aus dem Jahr 800 (u.a. ein Wikingerschiff am Kai, Werkstätten des Metallschmieds und Kammmachers) und einen Film aus der Wikingerzeit bewundern. Lies mehr über das Museum und die aktuellen Ausstellungen unter „Museen und Erlebniszentren“
6. Heidnische Begräbnisse. Ribe wird im 9. Jahrhundert gesichert. Wall und Stadtgraben
Setze deinen Weg fort in Richtung Odins Plads und gehe über die Eisenbahnüberführung zum Tangevej. Gehe auf den Wall mit dem Wasserturm auf der rechten Seite (im Gebiet von Ribelund).
Hier grub man in der ersten Hälfte des 9. Jhds. einen Graben um Ribe (in etwa die grüne Linie auf dem Stadtplan). Dieser war ca. 2-3m breit mit einem kleinen Erdwall auf der Innenseite. Allerdings hatte er kein Wasser. Das Stadtgebiet umfasste innerhalb der Abgrenzung ca. 100.000 m². Solch ein Graben konnte die Stadt aber kaum vor Angriffen schützen und muss daher eher als Stadtbegrenzung gesehen werden. Es war wohl so, dass innerhalb der Stadtgrenze bestimmte Gesetze, Rechte und Pflichten galten. Der Marktfrieden wurde durch den König garantiert und seine Leute kontrollierten die Kaufleute auf ihre Waren, bevor sie die Stadtgrenze passierten. Als Gegenleistung mussten diese eine Abgabe leisten. Man kennt nur den Verlauf des Grabens im östlichen Teil der Stadt (in etwa hier, wo du stehst), aber es wird vermutet, dass er in einer Art Halbzirkel um die Stadt verlief und wahrscheinlich an der Au endete, dort, wo heute Danhostel Ribe liegt.
Im 10. Jhd. wurde der Graben durch einen 1m tiefen und 8m breiten Stadtgraben ersetzt. Außerdem gab es einen Wall aus Grasnarbe, evtl. mit einer Palisade zum Schutz der Wächter versehen – somit ein reguläres Verteidigungswerk. Dieser Stadtgraben hatte nahezu den gleichen Verlauf wie der Graben vorher, jedoch hat man auch hier nur vom östlichen Teil Kenntnis.
In diesem Teil Ribelunds wurden auch die südlichsten Grabplätze der heidnischen Wikinger gefunden. Die Wikingergrabplätze werden unter Punkt 10 näher erläutert.
(Du kannst nun selbst entscheiden, ob du hier stehen bleiben möchtest und dich damit begnügst, die Punkte 7 und 8 zu lesen)
7. Ribe weitet sich aus und wird zur Festung im 11. und 12. Jhd.
Gehe den Weg auf der anderen Seite des Walles hinunter. Du kommst nun zum ersten Haus in Ribelund in der Kastanie Alle. Im Mittelalter weitete sich Ribe aus (1000-1100). Zu dem Zeitpunkt baute man eine noch größere Befestigungsanlage, deren Verlauf in etwa unter dem Haus ging, vor dem du nun stehst. (braune Linie auf dem Plan)
Wenn du nun der Kastanie Alle folgst, siehst du auf der rechten Seite eine Vogelvoliere. Hier wurden 14 christliche Grabstätten aus dem 10. Jhd. gefunden. Christliche Grabstätten erkennt man daran, dass sie nicht mit Grabbeigaben versehen sind und die Leichen in Ost-West Richtung liegen. Die Beine liegen in östlicher und der Kopf in westlicher Richtung, sodass die Toten bei der Wiederauferstehung Christus sehen, der sich im Osten zeigt. Das Grabritual der Christen beinhaltete auch, dass die Leichen unverbrannt, also erdbestattet, und in ein Tuch oder einen Sarg gelegt wurden. Näheres über die christlichen Grabstätten findest du unter Punkt 11 und 12.
8. Die Häuser der Wikinger
Bevor die Kastanie Alle nach links weggeht, liegen auf der rechten Seite einige Treibhäuser. Hier wurden ebenfalls Reste von Wohnstätten gefunden, die aus der Zeit um die Gründung des Marktplatzes stammen. Es handelt sich um Holzständerwerkhäuser in verschiedenen Größen (bis ca. 25-30 m lang), kleine Werkstätten, ein Weg, ein Zaun und einen Brunnen. In den meisten Häusern war auch Platz für Haustiere oder Lagerplatz für die zahlreichen Waren. Das heißt, die meisten von ihnen waren größer als die kleinen Häuser direkt am Marktplatz. Fazit über die Behausung der Wikinger: In Ribe wurden Häuser hinter dem Marktplatz bei der Sct. Nikolaj Gade, hier in Ribelund und in der Gegend bei der Rosen Allé gefunden.
9. Die heidnischen Friedhof in der Wikingerzeit
Gehen Sie zurück zum Tangevej, biegen Sie rechts ab und folgen Sie der Bahn in Richtung Rosen Allé zum Seminarievej. Sie haben nun auf den ganzen Weg zum Seminarievej alle Gräber des Friedhofes auf der rechten Seite aus dem 8. Jhd. In den letzten Jahren wurden Ausgrabungen an ausgewählten Bereichen vorgenommen. Es hat hier eine größere Anzahl von heidnischen Gräbern gegeben. Durch den ausgedehnten Kontakten der Handelsstadt in Skandinavien und Nordwesteuropa, gab es verschiedene Bestattungssitten auf diesen großem Friedhof, einige wurden verbrannt und andere in der Erde beigesetzt. In den Gräbern der verbrannten war die Asche der Toten entweder in einem kleinen Loch im Boden beigesetzt, oder in einer Urne. Nur wenige Gräber der Feuerbestattung enthielten andere Materialien als die Reste des Lagerfeuers und verbrannte Knochen, jedoch in einzelnen Urnengräbern wurden dazu Grabbeigaben gefunden. Unter anderem Kämme, Pferdeausrüstung, Schlüssel, Messer, Glasperlen usw. Wenn diese Grabbeigaben zu groß waren, wurden diese neben der Urne platziert.
Zuletzt in 2015 fand man eine schöne, intakte Weinkanne aus dem Frankenreich mit Aschenrückstände.
In einem Erdbestattungsgrab hat man ein Mädchen mit einer Perlenkette gefunden, die gleichen Perlen, die man auf dem Markt in Ribe in der Ende des 8. Jahrhunderts kaufen konnte. Dieses Mädchen wurde auf der rechten Seite in einer Schlafstellung im Körpergrab begraben, vielleicht lag Sie auf einem Fell. In der Mitte des Friedhofes fand man die Überreste eines toten Pferdes, ein Pferdeopfer. Dies konnte darauf hinweisen, dass dieser heidnische Friedhof mit einem Pferdeopfer für die Götter eingeweiht wurde.
Im Jahr 2014 wurde ein komplett ausgestattet begabender Streithengst aus dem 8. Jahrhundert gefunden, und damit das erste Mal, dass etwas von der höheren Bürgerschicht in Ribe gefunden wurde. Andere Gräber in Dänemark von Reiter und Pferden wurden bisher nur aus der späten Wikingerzeit gefunden. Im Grab befand sich unter anderem ein Speer, die Zügel vom Pferd und wahrscheinlich Teile eines Sattels, verziert mit dekorativen Bronzeapplikationen.
Es wurden auch Reste von Häusern der Umgebung gefunden.
10. Seminarievej. Heidnische Gräber
Wenn Sie den Seminarievej erreichen, biegen Sie rechts ab. Kurz vor dem Bahnübergang im Seminarievej gehen Sie eine Treppe hinunter zu einem Parkplatz. Hier auf dem Friedhof wurden Spuren von den früheren und dem späteren Stadtgraben gefunden (siehe Abschnitt 7). Quer über den asphaltierten Parkplatz befand sich der frühere Stadtgraben aus dem Jahr 800, gekennzeichnet mit einem Band aus Kopfsteinpflaster. Im Jahr 2012, während der Ausgrabungen bei dem Supermarkt Netto, auf der anderes Seite der Straße, wurden noch mehr Gräber gefunden. Damit sind die Archäologen mit deren Kenntnis an den nördlichsten Bereich des heidnischen Friedhofes angekommen. Im Abschnitt 6 standen Sie am
südlichsten Teil.
11 und 12 Ansgars Kirche und die christlichen Wikinger Begräbnisse an der Domkirche zu Ribe
Eigentlich sollte die Tour hier enden, aber 2008-2012 haben Archäologen bei Ausgrabungen südlich der Domkirche (12) ca. 75 christliche Begräbnisse gefunden. Das Besondere an dem Fund ist, dass sie die ersten christlichen Gräber Dänemarks auf einem Friedhof sind. Dieser war von 800 – 1050 in Funktion. Die Toten wurden in Ost-West Richtung begraben und lagen in unterschiedlichen Sargtypen. Es ist das erste Mal, dass man etwas aus der Wikingerzeit fand, in einem Teil Ribes, den man eher der Zeit des Mittelalters zuordnet (südlich der Au). Daher möchten wir euch nicht dieses vorläufige Ende der Wikingerzeit in Ribe vorenthalten.
Auf dem internationalen Wikingermarktplatz trafen sich nordische Heiden mit zugereisten Christen und sicher auch Muslime. Einige Dänen haben sich des neuen Glaubens angenommen und lebten nun Seite an Seite mit den Heiden. Um 860 bekam der Mönch Ansgar die Erlaubnis des Königs, eine Kirche in Ribe zu errichten. Archäologen meinen nun, dass Ansgars Kirche sehr wahrscheinlich dort stand, wo heute die Domkirche (11) zu finden ist. Damit müssen wir Dänemarks Geschichte neuschreiben. Bisher galt Harald Blauzahn als derjenige, der die Dänen im 10. Jhd. christianisierte, aber zu diesem Zeitpunkt lebten ja bereits Christen seit hundert Jahren Seite an Seite mit den Heiden in Ribe. Die Funde der christlichen Gräber bestätigen nun auch die schriftlichen Quellen über Ansgars Mission in Ribe um 860 und der Errichtung des Bischofssitzes in Ribe 948. In diesen Quellen wird u.a. berichtet, dass Ribes erster Bischof, „Leofdag“ auf der Flucht vor wilden Heiden getötet wurde, als er versuchte, über die Au zu kommen. Ob er wohl versucht hatte, drüben auf dem Marktplatz, auf der anderen Seite der Au, die Heiden zu bekehren? Ribe wurde ebenfalls mehrfach in kirchlichen Zusammenhängen um 900 – 1000 genannt, aber bis zu den Funden der Gräber bei der Domkirche gab es bisher nur spärliche Spuren, die solche Aktivität bestätigen konnten. Da bisher keine Spuren von Bebauungen in und um der Domkirche oder südlich der Au gefunden wurden, die vor 1050 stammen, scheint es so, dass die Kirche und der Friedhof zuerst da waren.